Theologische Anliegen
Pragmatismus, Ausgleich von Gegensätzen
Die Herausgeber hoffen, dass im Zuge der Gründung eines deutschen Nationalstaates die Gegensätze „von Union und Confession” bzw. der lutherischen und reformierten Konfession an Bedeutung verlieren werden (Bd. 46 [1873], S. VI). Das, „was die verschiedenen Glieder der evangelischen Gesamtkirche einigt und durch Einigkeit stark macht” ist es, worauf das Hauptgewicht gelegt werden soll (ebd.). Ebenso soll im Verhältnis zum Staat „ohne Widerstreben dem Staate gegeben” werden, „was des Staates ist, aber auch die Selbständigkeit und freie Bewegung der Kirche gewahrt und nur solchen Neugestaltungen das Wort geredet” werden, „welche aus dem inneren Wesen und Lebensmittelpunkt der evangelischen Kirche herauswachsen und den organischen Zusammenhang ihrer geschichtlichen Entwickelung festhalten” (ebd., S. VII).
Man grenzt sich gegen die theologische Linke (Jüngere Tübinger Schule) ab, weil diese „mit den Dogmen mehr und mehr alle historischen Ueberlieferungen, auch die über die fundamentalen Heilsthatsachen in Frage stellt” (ebd., S. VII). Gegen die theologische Rechte (konfessionelles Luthertum, Erlanger Schule) bringt man deren „starke Neigung zu einer ‘fertigen’ Theologie” vor, „die den Glauben und das Bekenntnis der Kirche in den überlieferten und theilweise überlebten Formen autoritätsmäßig geltend machen will” (ebd., S. VII-VIII). Man wehrt sich aber auch gegen „ungesunde” Vermittlungsversuche, die sich nur mit halben Zugeständnissen helfen.
In der späteren Phase der Zeitschrift wird die Vermittlungstheologie dem Gedankengut der Anhänger Albrecht Ritschls (1822-1889) angenähert, der zu den führenden Köpfen des Kulturprotestantismus gehörte. Kennzeichnend war das Bestreben, den Gegensatz von Christentum bzw. Kirche und allgemeiner Kultur zu überwinden und beides – von einem ethisch-prozesshaften Verständnis des Reiches Gottes her – so weit als möglich miteinander in Einklang zu bringen.
Wissenschaftlichkeit und Kirchlichkeit
Demgegenüber wollen die Herausgeber der ThStKr bewusst in wissenschaftlicher Weise Theologie betreiben und sehen den Entwicklungsgedanken positiv. Dabei sollen allerdings „die ewigen Grundlagen eines gesunden Glaubenslebens der evangelischen Kirche nicht verlassen und verkannt” werden (ebd., S. VIII). die „Freiheit wissenschaftlicher Rede und Gegenrede” ist wichtig, aber auch, „die Grundlagen des Heilsglaubens und der Gemeinde Christi” nicht anzutasten (ebd.).
Siehe auch Monographien zur Vermittlungstheologie (SWB).